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Julia: „Ich möchte meinem Kind etwas bieten“
Julias kleine Tochter Lena ist sechs Jahre alt. Sie selbst war siebzehn, als sie Mutter wurde. Lena liebt Julias Freund Dennis heiß und innig, zu ihrem Vater hat sie jedoch kaum Kontakt. Julia hat ihren Alltag gut im Griff und möchte schnell zu Ende studieren.
Bis Lena zwei geworden ist, habe ich noch zu Hause gewohnt. In der Zeit habe ich mein Abitur gemacht. Ein halbes Jahr danach bin ich ausgezogen und wohne jetzt allein mit meiner Tochter, allerdings in der Nähe meiner Eltern, eine Viertelstunde zu Fuß entfernt. Mein Freund ist gelegentlich bei uns.
Kontakt zu Lenas Vater gibt es kaum
Leider ist mein Verhältnis zu Lenas Vater nicht so einfach. Ursprünglich hatten wir uns beide auf das Kind eingelassen. Als es dann so weit war und ich schwanger war, wollte er plötzlich überhaupt kein Kind mehr. Wir haben uns getrennt und hatten während der Schwangerschaft dann keinen Kontakt mehr.
Nach der Geburt gab es eigentlich die Regelung, dass er einmal in der Woche vorbeikommt. Aber er hatte entweder eine Ausrede oder kam einfach nicht. Wenn er mal da war, schien er nicht besonders an dem Kind interessiert. Er erzählt zwar allen ganz stolz, dass er ein fürsorglicher Vater ist und wie viel Verantwortung er hat, aber davon habe ich nichts gemerkt.
Am Anfang war es schon hart. Besonders in der Schwangerschaft, als ich ganz alleine war. Und ich habe ihn auch vermisst. Vorher waren wir noch glücklich zusammen, und dann war ich plötzlich alleine und bekam ein Kind. Mir hat er auch als werdender Vater gefehlt, der für mich da ist und sich mit mir freut oder mal fühlt, wie das Baby strampelt.
Mittlerweile bin ich aber eigentlich froh, dass ich alles selbst entscheiden kann. Wenn ich Hilfe brauche, ist meine Familie für mich da. Ich habe kein Interesse mehr an Lenas Vater. Wir streiten uns zwar nicht, aber wir reden auch nicht wirklich miteinander, nur das Nötigste. Ich bin froh, dass Lena ihn bisher nicht vermisst. Sie fragt nicht nach ihm und ruft ihn nur sehr selten mal an. Ich finde es wichtig, dass sie ihren Papa kennt, aber wir sind zum Glück beide nicht auf ihn angewiesen.
Die Großeltern sind für uns da
Die Eltern des Vaters unterstützen mich - und das, obwohl ich mir am Anfang von ihnen ganz böse Sprüche anhören musste. Sie waren absolut für eine Abtreibung. Mittlerweile sehen sie aber, dass ich mit der Verantwortung gut umgehen kann, und freuen sich an ihrem Enkelkind. Einmal die Woche nachmittags passen sie auf Lena auf. Sie respektieren meine Entscheidungen - zum Beispiel, auf welche Schule die Kleine gehen soll. Sie stehen dahinter und unterstützen mich, mischen sich aber nicht zu sehr ein.
Als ich noch zu Hause gewohnt habe, war es mit meinen Eltern manchmal schwierig. Grundsätzlich bin ich meiner Mutter sehr ähnlich, was die Erziehung angeht. Aber über Kleinigkeiten haben wir uns immer wieder gestritten, dann musste ich mich durchsetzen. Die Unterstützung in der ersten Zeit war trotzdem sehr wichtig, deshalb war es gut, noch dort zu wohnen. Meine Mutter hat mir erst mal gezeigt, wie man überhaupt mit einem Baby umgeht. Aber irgendwann war es Zeit, auszuziehen.
Der Kontakt zu meiner Mutter ist jetzt super. Sie springt auch ein, wenn ich mal länger zur Uni muss. Dann holt sie Lena vom Kindergarten ab oder passt mal abends auf sie auf. Aber sie mischt sich nicht mehr ein. Natürlich laufen manche Sachen bei ihr anders, aber das ist bei Großeltern ja immer so.
Lena liebt meinen Freund sehr
Seit acht Monaten habe ich wieder einen Freund, Dennis. Wir waren schon mal anderthalb Jahre zusammen, als ich 19 war und er 20. Für ihn war das damals alles zuviel, er wollte seine Freiheit genießen. Aber ich konnte mir ja nicht jeden Abend einen Babysitter nehmen und wollte das auch nicht, weil ich Zeit mit meinem Kind verbringen oder abends einfach mal meine Ruhe haben wollte. Damit kam er auf Dauer leider nicht zurecht.
Aber dann sind wir doch wieder zusammengekommen. Jetzt sind wir beide älter. Lena auch, und er kann viel mehr mit ihr anfangen. Manchmal hat er noch ein bisschen Angst, dass er in seinem Leben was verpasst. Das sagt er mir auch. Aber wir versuchen es noch mal, und ich hoffe, dass es diesmal klappt.
Lena liebt ihn über alles. Auch während wir nicht zusammen waren, hat sie immer wieder nach ihm gefragt. Für mich war das sehr schwierig. Als wir uns wieder getroffen haben, habe ich Lena anfangs nichts davon erzählt, weil ich nicht wollte, dass sie sich freut und dann enttäuscht ist, wenn es doch nicht klappt. Als sie ihn dann gesehen hat, wollte sie ihn gar nicht mehr gehen lassen. Sie versteckt seine Schuhe, wenn er bei uns ist, oder setzt sich vor die Tür, damit er nicht weggehen kann.
Er geht ganz anders mit ihr um als ich. Er ist halt ein Mann und tobt viel mit ihr, und ich denke, das hat Lena gefehlt. Neulich war er mit ihr alleine unterwegs im Tierpark. Er hat ein Motorrad, da darf sie manchmal drauf, und sie sägen und basteln zusammen. Solche Sachen, die eigentlich Papas mit ihrem Kind machen, haben Lena und auch mir als Mama bisher sehr gefehlt.
Freiheit und Verantwortung
Ich glaube, es tut beiden gut, wenn sie Zeit zu zweit haben. Ich frage mich aber auch, ob er das überhaupt möchte oder ob er das Gefühl hat, ich schiebe ihm das Kind zu. Und darüber zu reden, ist nicht immer leicht. Dennis ist noch ein bisschen zurückhaltend. Ich habe ihm gesagt, dass ich nicht verlange, dass er Verantwortung übernimmt. Er soll es mir jederzeit sagen, wenn es ihm mit Lena zuviel wird. Aber eigentlich verstehen sich die beiden super.
Ich weiß, dass er Angst hat, viel zu verpassen, und seine Freiheit genießen will. Dann bin ich manchmal hin- und hergerissen. Aber ich versuche, einen Mittelweg zu finden. Er liegt im Bett und sagt: „Bleib doch noch ein bisschen liegen“, und Lena steht daneben und will aufstehen. Es ist in vielen Momenten so, dass ich mich entscheiden muss.
Früher haben mir Leute manchmal unterstellt, ich würde nur einen neuen Vater für das Kind suchen und nicht in erster Linie einen neuen Mann für mich. Aber so etwas darf man nicht persönlich nehmen. Ich habe auch öfter mal von Männern gehört: „Du bist ja ganz nett, aber ich fühle mich noch nicht bereit für ein Kind.“ Jemanden zu finden, der sich darauf einlässt, ist nicht so einfach.
Alltag mit Kindergarten und Uni
Lena ist im Kindergarten, seit sie ein halbes Jahr alt ist. Wir sind ein eingespieltes Team: Einmal pro Woche wird sie von der Oma väterlicherseits abgeholt, einmal die Woche von meiner Mutter. Ich studiere und habe mit vielen Professoren die Abmachung, dass ich bei Referaten zum Beispiel als erstes drankomme und danach schnell nach Hause kann. Das funktioniert gut, und die Hochschule ist sehr entgegenkommend. Aber ich muss meine Fächer und Kurse so wählen, dass ich nicht abends an die Uni muss, das ginge einfach nicht.
Wenn Lena jetzt in die Schule kommt, wird das eine ganz schöne Umstellung. Am Anfang hat sie nicht so lange Schule. Ich werde in der Uni weniger Kurse belegen können und alles noch mal neu regeln müssen.
Mein Studium ist recht aufwändig, und ich muss abends viel am Schreibtisch arbeiten, manchmal auch nachts. Ich hab schon mal morgens um fünf noch am Schreibtisch gesessen, bis Lena wach wurde, zu mir kam und erzählte, sie hätte ausgeschlafen.
Natürlich könnte ich weniger Kurse belegen, aber dann bräuchte ich länger für mein Studium. Nach dem Abitur habe ich ein Jahr Pause gemacht und dann angefangen zu studieren. Viele haben gefragt, ob ich nicht noch länger Pause machen möchte. Aber für mich wäre das gar nichts, nur Hausfrau und Mutter ist nicht so meins. Ich möchte meinem Kind später sagen können, was ich mache, und ihr etwas bieten können.